Donnerstag, 1. Dezember 2011

Hänschen klein geht in die Welt hinein - Die Kreditkarte im Rucksack wird als grobe Fahrlässigkeit des Kreditkartennutzers bewertet

Das Landgericht Berlin wies am 30.11.2011 in einer mündlichen Hauptverhandlung darauf hin, dass die Kreditkarte nicht im Rucksack ohne direkte Aufsicht im Auto abgelegt werden darf.

Das Landgericht Berlin hat in zweiter Instanz eine Klage eines Kreditkarteninhabers auf Rückzahlung von ca. 950,00 € abgewiesen. Das Gericht, welches hier als Berufungsgericht tätig wurde, wies die Berufung des Karteninhabers zurück. Was war Hintergrund der Entscheidung?

Der Kreditkarteninhaber und seine Ehefrau befanden sich im wohlverdienten Urlaub in Spanien. In der Nähe von Marbella passierte es. Nach einem Einkauf in einem Supermarkt waren die Eheleute damit beschäftigt, die Einkäufe im Kofferraum des Mietautos zu verstauen. Zuvor hatte die Ehefrau des hier vertretenen Klägers eine von ihr genutzte Kreditkarte im Kraftfahrzeug auf den Vordersitzen in einem Rucksack abgelegt. Binnen kurzer Zeit wurde die Kreditkarte durch Diebe entwendet. Dem Pärchen gelang es nicht, die Diebe aufzuhalten. Natürlich wurde sofort die spanische Polizei informiert. Diese mutmaßte, dass es sich bei den Tätern um eine rumänische Mafiabande handeln würde. Ebenfalls wurde sofort die Sperrung der Kreditkarte veranlasst. Diese ließ allerdings einige Minuten auf sich warten. In der Zwischenzeit gelang es den scheinbar professionell organisierten Tätern, die Kreditkarte zu benutzen und einen Betrag in Höhe von ca. 900,00 € abzuheben. Hinzu kamen noch Kosten für die jeweiligen Abhebungen, die der Kläger von seiner Bank in Rechnung gestellt bekam. Der Kläger verlangte nun Rückzahlung der von der Bank verrechneten Beträge auf sein Konto.

In der ersten Instanz scheiterte die Klage bereits wegen des sogenannten Anscheinsbeweises, den der Kläger nicht hinreichend erschüttern konnte. Das bedeutet, dass das Gericht wegen der sehr schnell nach dem Diebstahl erfolgten Abhebung unter Eingabe der korrekten PIN davon ausging, dass die PIN entweder auf der Kreditkarte selbst oder in deren Nähe notiert war. Die Kläger hätten es somit den Tätern ermöglicht, die PIN zu benutzen, was eine Fahrlässigkeit und einen Verstoß gegen die Geschäftsbedingungen der Bank darstelle, urteilte das erstinstanzlich zuständige Amtsgericht.

Die Berufungsinstanz sah dies ebenso, wies jedoch zusätzlich darauf hin, dass bereits das Ablegen der Kreditkarte im Rucksack vorne im Auto eine grobe Fahrlässigkeit darstelle, wenn man die Einkäufe in dem Kofferraum verladen würde und somit die Kreditkarte nicht mehr in direkten Zugriff habe. Der Karteninhaber eröffnet damit den Tätern quasi Tür und Tor, um die Karte zu entwenden. Er müsse auf die Karte besser aufpassen, teilte das Gericht in der mündlichen Hauptverhandlung mit.

Hierzu meint Rechtsanwalt und Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht Sven Tintemann, der den Termin vor dem Landgericht Berlin wahrgenommen hatte: „Das Gericht hat hier hohe Haftungsmaßstäbe an die Verwendung von Kreditkarten geknüpft. Es war bereits bekannt, dass Kreditkarten nicht unbeaufsichtigt im Mantel an der Garderobe verwahrt werden dürften. Gleiches gilt auch für das unbeaufsichtigte Liegenlassen der Kreditkarte im verschlossenen Kraftfahrzeug. Nunmehr ist eine weitere Verschärfung durch das Landgericht Berlin definiert worden, indem der Kreditkarteninhaber nicht einmal mehr die Kreditkarte in seiner Nähe in einem Behältnis wie etwa einem Rucksack ablegen darf, wenn sie seinem direkten Zugriff entzogen ist. Verwender von Kreditkarten sind somit quasi dazu verpflichtet, diese ständig direkt am Körper zu tragen, oder zumindest die Behältnisse, in denen sie die Kreditkarten aufbewahren, nicht mehr aus den Augen bzw. aus den Händen zu geben. Das sind hohe Haftungsanforderungen, die jeder Kreditkartennutzer wissen sollte. Wird die Kreditkarte entwendet und missbraucht, kann somit keine Rückzahlung von der Bank verlangt werden."

V.i.S.d.P.
Sven Tintemann
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht

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