Dienstag, 23. August 2011

Das Steuersparmodell mit Eigentumswohnungen bzw. sogenannten Schrottimmobilien

Es beginnt immer auf dieselbe Art und Weise. Man will für das Alter vorsorgen, Geld anlegen oder „einfach nur“ Steuern sparen. Mit viel Glück erreichen Sie einfach keines dieser Ziele, andernfalls droht der finanzielle Ruin.

Die Rede ist vom System „Steuersparmodell Eigentumswohnung“, dem nach seriösen Schätzungen schon in den 90igern mehr als 1 Millionen Menschen in Deutschland zum Opfer fielen.

Das System „Steuersparmodell Eigentumswohnungen“ ist ebenso einfach wie genial. Die Verlockung ist in der Regel groß. Denn die Vermittler solcher Eigentumswohnungen preisen ihre Immobilien in der Regel als einmalige Gelegenheit zum Steuersparen an. Gleichzeitig suggerieren die Vermittler, dass es sich um eine hervorragende Möglichkeit handelt, für das Alter vorzusorgen, weil, wie jeder weiß, eine Immobilie eine hervorragende Geldanlage darstellt. Als wirksamste Verkaufsargumente gelten in der Regel der scheinbar günstige Preis, der sich durch die Einnahmen aus Vermietung und durch Steuerrückerstattungen ohne weiteres amortisiert, sowie die Wertsteigerung der Immobilie.
Diese Hauptargumente versuchen die Vermittler von Eigentumswohnungen den potentiellen Anlegern durch immer dasselbe Berechnungsbeispiel schmackhaft zu machen. Häufig bzw. nie erwähnt wird dabei, dass die Lage bzw. der Zustand der Immobilien weder für eine gute Vermietbarkeit noch für eine langfristige Wertsteigerung sprechen. Hinzukommt kommt häufig der viel zu hohe Preis und eine falsche Berechnung der Steuervergünstigungen. Aus diesem Grunde hat sich auch der Begriff Schrottimmobilie durchgesetzt.

Unter diesen Begriff fallen kombinierte Verträge, in denen Anlegern durch einen Strukturvertrieb vermietete Eigentumswohnungen angeboten werden. Durch die Einschaltung eines Strukturvertriebs erhöht sich der Kaufpreis zudem erheblich durch eine Vielzahl von Innenprovisionen gegenüber dem tatsächlich angemessenen Kaufpreis. Die Anlage als Altersvorsorge ist mithin kaum haltbar. Nicht selten vergessen die Vermittler auch über die weiteren Pflichten aus dem Eigentum aufzuklären und realistische Finanzierungen in ihre Überlegungen mit einzubeziehen.
Dazu kommt, dass potentielle Anleger durch die Vermittler des Strukturvertriebes in eine überrumpelungsähnliche Situation gebracht werden. Denn entweder kontaktieren die Vermittler potentielle Anleger aus heiterem Himmel, zum Beispiel nach dem Einkauf im Einkaufscenter oder durch einen blinden Telefonanruf, einen so genannten cold call. Die psychologisch geschulten Vermittler fragen zunächst, ob man nicht Interesse habe, langfristig Steuern zu sparen und dass der hiesige Anrufer der Firma XY Experte in Steuerfragen sei. Da diese Frage im Regelfall mit Ja beantwortet werden kann, ist das Gespräch eröffnet und dem Vermittler Tür und Tor geöffnet, um seine Argumente zu platzieren.
Sodann wird ein reelles Treffen in der Wohnung des Anlegers oder den Beratungsräumen des Vermittlers vereinbart. Dabei erscheint der Vermittler bestenfalls gleich mit Berechnungsbeispielen und Hochglanzprospekten und hat auch schon eine Immobilie für die potentiellen Anleger in Aussicht. Diese ist häufig, so stellen die Vermittler meist dar, so stark nachgefragt, dass sie nur noch für wenige Tage für sie reserviert ist.

Aber da ja nun feststeht, dass der potentielle Anleger Steuern sparen will und der Wohnungseigentumserwerb, wie sich anhand des Berechnungsbeispiels zeigte, hervorragend dafür geeignet ist, weil man quasi ohne Kosten eine Altersvorsorge erhält, könne man auch gleich zum Notar fahren. In der Praxis bearbeiten solche Fälle in der Regel immer dieselben Notare. Nicht ohne Grund! Denn eigentlich gebietet die Warnfunktion der notariellen Beurkundung, dass hier nochmals über das Rechtsgeschäft aufgeklärt wird. Die Betonung liegt auf nochmals. In der Regel erfahren potentielle Anleger hierbei jedoch zum ersten Mal Einzelheiten über den geplanten Kauf, nicht zuletzt eingekleidet in einen Wulst von Rechtsnormen. So bleibt beim Anleger nur Unverständnis. In der Hoffnung, dass alles schon mit rechten Dingen zugehen wird, unterzeichnet er das notarielle Kaufangebot und bindet sich für vier Wochen oder mehr.

Nicht selten werden Anleger vor solchen Notartreffen in Anbetracht der Länge auch von den Vermittlern angehalten, keine Fragen zu stellen. Die Funktion der Beurkundung wird damit völlig entkräftet.
Im ungünstigsten Fall hat der Anleger daher weniger als zwei Tage Bedenkzeit, um sich danach „glücklicher“ Eigentümer bzw. gebundener Käufer einer Wohnung nennen zu können.

Die erworbenen Wohnung gesehen haben dabei die wenigsten und ein „wunderschönes“ Darlehen gibt es vom Vermittler gleich mit dazu. Dieses kann dann über Jahrzehnte zurückgezahlt werden. Alles aus einer Hand.

Rechtsanwalt Klevenhagen, Experte für Rückabwicklungsfragen von Eigentumswohnungen der Anwaltskanzlei Dr. Schulte und Partner, sagt dazu „dass dies immer dieselbe Methode der Vermittler bzw. der Strukturvertriebe sei. Erst nachdem die Eigentumswohnung erworben wurde und meist das erste bzw. zweite Jahr verstrichen ist, stellen die meisten Anleger fest, dass die ihnen gemachten Versprechungen in keinster Weise eingetroffen sind. Die Finanzierung der fremdgenutzten und fremdfinanzierten Eigentumswohnung lässt sich nicht mehr aufbringen.“

An diesem Punkt kann jedem betroffenen Anleger nur dringendst empfohlen werden, anwaltlichen Rat oder zumindest die Hilfe eines seriösen, wirklich unabhängigen Anlegerschutzvereins zu suchen. Denn die Möglichkeit für Anleger, denen Schrottimmobilien verkauft wurden und die nun die Rückabwicklung suchen, hat sich stetig verbessert. Zu warnen ist aber insbesondere vor übereilten Reaktionen geprellter Anleger. Nur eine genaue Analyse des Einzelfalls hält letzten Endes vor Gericht stand.

Rechtlich haben sich folgende Angriffsoptionen in der Praxis heraus geprägt:

1. Der Angriff des eigentlichen Vermittlers/des Strukturvertriebs
2. Der Angriff auf den Verkäufer
3. Der Angriff auf die darlehensgebende Bank

Zum Fall 1:
Die Anlageberater, die Vermittler, die Herren des Strukturvertriebs schulden dem potentiellen Anleger eine richtige Rentabilitäts- und Liquiditätsberechnung, aus denen der Käufer die wirtschaftlichen Folgen des Eigentumserwerbes ersehen kann. Hierbei finden die Experten der Kanzlei Dr. Schulte und Partner häufig Defizite. Der Vertrieb erfolgt unter einseitiger Betrachtung und berücksichtigt lediglich nicht erreichbare Gewinnmöglichkeiten. Die errechnete monatliche Zuzahlung fällt höher aus als erwartet oder der Weiterverkauf will nicht gelingen. Alles Folgen einer falschen Aufklärung über den Wert der Immobilie, die steuerlichen Auswirkungen, die monatliche Zuzahlung, den Kreditvertrag, über Innenprovisionen, die zu erzielenden Mieterträge, das Darlehen verbunden mit den verschieden Kosten usw.

Zum Fall 2:
Eine in Bezug auf Fall 1 nachgewiesene Falschberatung, Täuschung oder sittenwidrige Kaufpreisüberhöhung kann der Verkäuferin zugerechnet werden, wenn sie die Vermittler zum Vertrieb ihrer Immobilien genutzt hat.

Zum Fall 3:
Die neuere Rechtsprechung lässt die Tendenz erkennen, dass oben genannte Falschberatungen auch der Bank zugerechnet werden können. Dies erfolgt durch die Gerichte bisher jedoch nur sehr zögerlich, auch wenn sich die Experten der Kanzlei Dr. Schulte und Partner darüber einig sind, dass sich die finanzierenden Banken nicht mit Unkenntnis der einschlägigen Praxis herausreden können sollten.
Einen neuen großen Erfolg bedeutet in diesem Bereich der Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 5.7.2011 (Az.: XI ZR 342/10). Die Bank wurde wegen arglistiger Täuschung in Bezug auf zu erzielende Mieteinnahmen zum Schadenersatz verurteilt.
Letztlich können die Experten der Kanzlei Dr. Schulte und Partner nur bestätigen, dass sich die Rechtsposition von geprellten Anlegern in diesem Bereich sehr stark verbessert hat und es sich in jedem Fall lohnt, den eigenen Fall überprüfen zu lassen. Denn es kommt immer auf den Einzelfall an.

„Festzustellen ist, dass trotz der mittlerweile erdrückenden Anzahl von Rückabwicklungsklagen gegen verschiedenste Verkäufergesellschaften aus dem Bereich der so genannten Steuerspar-Immobilien, jeder Fall sehr genau betrachtet wird und trotz vielfach ähnlicher Sachverhalte nicht voreingenommen entschieden wird. Klagen gegen Beteiligte am System ‚Steuersparmodell Eigentumswohnung’ sollten deshalb nur durch spezialisierte Kanzleien und individuell in enger Zusammenarbeit mit den Mandanten betrieben werden. Jeder Fall ist unterschiedlich, und vor Gericht kann es auf diese Feinheiten ankommen.“, sagt Rechtsanwalt Klevenhagen.

Kim Oliver Klevenhagen, Rechtsanwalt
Der Verfasser ist für den Inhalt verantwortlich.

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